Weingarten – Kann man auf Basis von Instagram-Content Rückschlüsse auf die Persönlichkeit der Userin beziehungsweise des Users und deren Reisepräferenzen ziehen? Das hat sich auch Luca Koroll, Absolvent des Masterstudiengangs Digital Business an der RWU, gefragt und das Thema in seiner Masterarbeit bearbeitet. Diese Arbeit wurde nun mit dem 1. Preis des „JUST!-Award“ der Zeppelin-Jugendstiftung in der Kategorie der Hochschulprojekte ausgezeichnet.
Tourismus und Soziale Medien
„Konkret geht es in meiner Arbeit darum zu untersuchen, ob es einen Zusammenhang zwischen der Persönlichkeit, den Reiseinteressen und den selbstveröffentlichten Inhalten von Personen auf Instagram gibt. Die zentrale Fragestellung ist, ob es mit Instagram-Daten möglich ist, die Persönlichkeiten der Userinnen und User zu bestimmen und ob die Reiseinteressen davon abhängen“, erklärt Luca Koroll. Die Arbeit trägt den Titel: „Ermittlung der Persönlichkeit durch Social Media und deren Auswirkung auf Reisepräferenzen“. Wie oft pro Jahr reisen zum Beispiel eher introvertierte Personen? In welchen Unterkünften übernachten sie? Wie gestaltet sich der Urlaub: mehr Entspannung und Wellness oder mehr Action in Freizeitparks oder doch Camping und Wandern?
Touristen nutzen soziale Medien regemäßig, um ihre Reisen zu dokumentieren, zu erleben und zu rekonstruieren. Diese Inhalte haben einen großen Einfluss auf Entscheidungsprozesse (beispielsweise wo der nächste Urlaub hingehen soll), da soziale Medien auch als Informationsquelle in der Anfangsphase der Reiseplanung verwendet werden.
User Generated Content als Forschungsdaten
Für seine Arbeit analysiert Luca Koroll über 688.000 Instagram-Beiträge (sogenannter User Generated Content) und die zugehörigen Metadaten aus der Bodenseeregion. Die verschiedenen Persönlichkeiten können in fünf Typen geclustert werden: overcontrolled, resilient, confident, reserved und undercontrolled.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Zusammensetzung der Persönlichkeitstypen an verschiedenen Standorten am Bodensee variiert, was für die Tourismusforschung und -planung von großer Relevanz ist. Aus der Analyse lässt sich schließen, dass bestimmte Standorte in der Region von bestimmten Persönlichkeitstypen bevorzugt werden. Durch die Ermittlung der Persönlichkeit von Touristen lässt sich das jeweilige Reiseverhalten sowie zugrundeliegende Motivationen und Beweggründe verstehen. Sie zeigt außerdem, dass die Persönlichkeit einen Einfluss auf die Reisepräferenzen und das -verhalten nimmt.
Erkenntnisse für das Tourismusmarketing
Die Arbeit wurde von Dr. Wolfram Höpken, Professor für Wirtschaftsinformatik an der RWU, betreut. „Eine ausgezeichnete Arbeit mit großer Relevanz für das Tourismusmarketing“, resümiert Wolfram Höpken. Die Ergebnisse können dazu beitragen, bestehende Tourismusangebote zu optimieren, neue Angebote zu entwickeln und das Tourismusmarketing zu verbessern, indem man die Zielgruppe und ihre sich verändernden Lebensstile und Verhalten versteht.
So zeigte bereits ein Bürgermeister im Auftrag des städtischen Tourismusmarketings für die Erarbeitung eines neuen Tourismuskonzepts Interesse an den Erkenntnissen und Inhalten der Arbeit, was die Relevanz für die Praxis nochmals hervorhebt.
Die Studie von Luca Koroll zeigt außerdem, dass Social-Media-Daten eine neue Möglichkeit bieten, um tiefgründige Erkenntnisse über Touristen zu gewinnen, die für Empfehlungssysteme und personalisierte Angebote genutzt werden können.
Seit Mai 2023 arbeitet der RWU-Absolvent als IT-Berater für Vertriebs- und Marketingprozesse bei einem europaweit agierenden Consulting- und IT-Unternehmen.
Weitere Projekte ausgezeichnet
Neben Luca Koroll erhielten auch über 22 weitere Studierende sowie Schülerinnen und Schüler eine Auszeichnung für ihre Projekte. Insgesamt 18 wurden eingereicht, zehn davon mit Preisgeldern in Höhe von 15.000 Euro ausgezeichnet. Der „JUST!-Wettbewerb“ findet alle zwei Jahre satt. Die Zeppelin Jugendstiftung unterstützt seit 1990 innovative Projekte von Friedrichshafener Schulen, des Schülerforschungszentrums und den umliegenden Hochschulen.
Die ganze Masterarbeit gibt es hier zu lesen.
Text: Lisann Gauß