Der Einzelhandel steht unter Druck – auch in Ravensburg und das nicht erst, seit die Corona-Pandemie tief in den Alltag der Menschen eingreift und immer mehr im Internet gekauft wird. Der Onlinehandel wird von wenigen großen Unternehmen dominiert. Können die lokalen Händler diesen Wettbewerb nur verlieren oder gibt es hier für Stadt und Handel auch Chancen und Gestaltungsräume? Mit diesen Fragen hat sich Katja Reichart in ihrer Abschlussarbeit beschäftigt, für die sie jetzt mit dem Förderpreis der Stadt Ravensburg ausgezeichnet wurde. Der Preis wurde ihr am 15. Dezember von Bürgermeister Dirk Bastin überreicht. Aufgrund der aktuellen Situation fand die Feier im kleinen Kreis an der Hochschule Ravensburg-Weingarten (RWU) statt.
Katja Reichart studierte „Betriebswirtschaftslehre und Management“ an der RWU. In ihrer Bachelorarbeit setzte sie sich mit dem Online- und Offlinehandel der Einzelhändler in Ravensburg auseinander. Dafür führte sie Interviews mit Vertretern aus unterschiedlichen Branchen. Ein Thema, das auch aus persönlichen Gründen reizvoll für die Preisträgerin war. „Ich bin hier aufgewachsen und habe einen engen Bezug zu Ravensburg und der Region“, sagte Katja Reichart. Im Zuge ihrer Abschlussarbeit konnte die 23-Jährige aus Staig ihre Heimat aus einer neuen Perspektive betrachten. „Es war spannend, in die Stadt zu gehen und dort mit den Einzelhändlern über deren Situationen und Strategien zu sprechen.“
Dirk Bastin sieht das Thema der Arbeit eng mit der Identität Ravensburgs verbunden. „Handel bedeutet für Ravensburg Geschichte, und das seit 700 Jahren, von der Familie Humpis bis zur heutigen globalisierten Welt“, sagte Bastin, der als Bürgermeister dem Dezernat für Bau- und Umweltverwaltung vorsteht. „Online oder offline? Das sind wichtige Fragen für alle Städte. Schaffen wir es, den lokalen Handel zu bewahren oder müssen wir erkennen, dass wir unsere Städte perspektivisch umstellen müssen?“
Professor Dr. Thomas Spägele stellte den Bezug zur aktuellen Pandemie her. Durch Corona habe sich das Kaufverhalten der Menschen verändert. „Das Virus wirkt hier als Beschleuniger in einem Thema, das ohnehin auf uns zugekommen wäre“, so der Rektor der RWU. „Die Arbeit von Katja Reichart behandelt damit auch die Zukunft unserer Innenstädte und könnte kaum aktueller sein.“
Professor Dr. Nils Hagen, Dekan der Fakultät für Technologie und Management, unter deren Dach die Bachelorarbeit verfasst wurde, schloss sich den Gratulanten an. Er freue sich besonders, dass sich eine Absolventin der RWU mit Fragen beschäftige, die die ganze Region beträfen. „Die Region soll lebenswert bleiben und die Arbeit von Frau Reichart kann in dieser Hinsicht einen Beitrag leisten.“ Er begrüßte, dass die Hochschule damit Verantwortung für die Region, in der sie verwurzelt ist, übernehme.
Der Region und ihrer Stadt ist Katja Reichart auch nach ihrem erfolgreichen Studium treu geblieben. Nach einem Praktikum bei Ravensburger Gruppe konnte sie sich in dem Traditionsunternehmen eine Stelle im Kundenservice sichern.
Text: Michael Pfeiffer